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Canyon Torque:ON 9 im Test

Canyon Torque:ON 9 im Test

29.06.21 06:12 9.807Text: Ralf Hauser
Ralf Hauser
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Fotos: Erwin Haiden, Ronald Kalchhauser, NR22
Ein E-Bike für's Grobe, so lässt sich das Torque:ON von Canyon wohl am besten in Kurzform beschreiben. Unser Test verrät in Langform, wie es sich beim Freeriden, auf großen Jumplines im Bikepark, aber auch auf heftigen Enduro-Strecken schlägt.29.06.21 06:12 10.126

Canyon Torque:ON 9 im Test

29.06.21 06:12 10.12610 Kommentare Ralf Hauser
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Erwin Haiden, Ronald Kalchhauser, NR22
Ein E-Bike für's Grobe, so lässt sich das Torque:ON von Canyon wohl am besten in Kurzform beschreiben. Unser Test verrät in Langform, wie es sich beim Freeriden, auf großen Jumplines im Bikepark, aber auch auf heftigen Enduro-Strecken schlägt.29.06.21 06:12 10.126

Ist das Spectral:ON mit 29"-Laufrädern eher der Allrounder für flowige und technische Trails in Canyons Programm, soll das Torque:ON mit 27,5"-Laufrädern, 180 mm Federweg an der Front und 175 mm am Heck mit spielerischem Charakter auf Freeride-Missionen geschickt werden. Sessellifte und Shuttles werden dank Shimano EP8-Motor mit 85 Nm Drehmoment zur Nebensache, der Fahrspaß bergab zur Hauptsache.

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Der Rahmen

Canyon ist Meister darin, sich einer sauberen Formsprache zu bedienen, und der Alu-Rahmen des Torque:ON macht hierbei keine Ausnahme. Die Linienführung ist klar definiert und kommt ohne unnötige Schnörksel aus. Obwohl der Rahmen 175 mm Federweg freigibt, sind wir weit von einer Panzer-Silhouette entfernt.
Details wie das Oberrohr, das an der Unterseite eine Einbuchtung besitzt, um das Oberrohr für eine geringere Überstandshöhe niedrig zu halten und dabei dem Ausgleichsbehälter des fetten Hinterbauelements genügend Platz bei optimiertem Einbauwinkel zu schenken, gehen fast schon unter.
Mit Kategorie 5 offiziell für Bikepark-Einsätze und ähnliche Schandtaten freigegeben, vertraut Canyon beim Rahmen auf eine Viergelenks-Kinematik für ein aktives Fahrwerk in allen Lebenslagen. Rein technisch gesehen ist das Extra-Lager beim Ausfallende kein Horst Link, da es sich oberhalb der Achse befindet, aktiv während dem Bremsen bleibt die Federung dennoch.
Triple Phase Suspension nennt Canyon seine Abstimmung mit sensiblem Ansprechverhalten zu Beginn des Federwegs, stabiler Plattform im mittleren Bereich und progressivem Anstieg der Federkennlinie im letzten Drittel für Durchschlagschutz und ideale Nutzung der Reserven.
Verbaut wird ein Hinterbauelement mit langem Hub (250 x 75 mm), um trotz 175 mm Federweg für ein niedriges durchschnittliches Hebelverhältnis von 2,5 : 1 zu sorgen.

Auffällig ist das ovale Sattelrohr, das mit einem integrierten Klemmmechanismus für die Sattelstütze versehen ist. Ein Endstück mit Weichgummiabdichtung hält darüber hinaus Schmutz vom Innenleben des Rahmens fern.
Die innenverlegten Kabelzüge werden durch Inserts an den Ausgängen von ungewolltem Klappern abgehalten. Fette Industrielager an allen Gelenken sorgen für hohe Steifigkeit und Langlebigkeit. Eine kleine Kettenführung ist direkt am Rahmen und ein Bash-Guard als Teil der Motorabdeckung integriert.
Boost-Nabenstandard mit 148 mm Einbaubreite ist selbstverständlich, bei der sogenannten Quixie-Steckachse hat sich Canyon aber etwas Besonderes überlegt und macht es möglich, den Schnellspann-Hebel sicher in der Achse zu verstecken.
Sogar Platz für eine Trinkflasche findet sich im Rahmendreieck, ein wichtiger Pluspunkt für viele Fahrer. Ein fetter Kettenstrebenschutz mit genoppten Erhebungen reduziert Kettengeräusche. Das Schaltauge im Sram UDH-Standard erleichtert im Fall eines nötigen Austausches, Ersatz zu finden. Dank 203 mm Postmount-Aufnahme kann der große Bremsenrotor ohne Adapter montiert werden.

Tech Specs

Rahmen: Aluminium, 175 mm Federweg Kassette: Sram GX Eagle, 12-fach, 10-52 Z
Größen: S/M/L/XL Kette: Sram X01 Eagle
Antrieb: Shimano EP8 Laufräder: DT Swiss H-1700 Spline, 27.5"
Batterie: Shimano Steps BT-E8035 504 Wh Reifen: Maxxis Minion DHF, 2.5''
Maxxis Minion DHR II, 2.6"
Display: Shimano Steps SC-E7000 Display Steuersatz: Acros
Gabel: Fox 38 Factory Grip2, 180 mm Vorbau: Canyon:ON, Ø 35, 40 mm
Dämpfer: Fox X2 Factory, 175 mm Griffe: Canyon Lock-On Griffe
Kurbel: Shimano Steps Sattel: Canyon SD:ON
Lenker: Canyon:ON HB0056 Riser Bar, Ø 35, 780 mm Sattelstütze: Iridium Teleskop-Sattelstütze, 30,9
Bremse vorne: Sram Code RSC, 220 mm Bremse hinten: Sram Code RSC, 203 mm
Schalthebel: Sram GX Eagle, 12-fach Gewicht: 23,785 kg (BB-Messung)
Schaltwerk: Sram GX Eagle, 12-fach Preis: € 5.999,- UVP

Elektronik

Nahtlos fügt sich Shimanos EP8-Motor ins Gesamtbild ein. Der Motorschutz deckt dabei den kompletten Motor ab. Keine Selbstverständlichkeit und ein Garant dafür, dass auch nach Jahren harter Nutzung der Motor, bedingt durch hochgewirbelte Steine oder Aufsetzer, nicht aussieht wie eine Zielscheibe am Schießplatz.
Der kleine Ladeport sitzt knapp über der linken Seite des Motors und wird von einer Gummikappe vor Staub oder Feuchtigkeit geschützt.
Oberhalb des leicht erreichbaren Einschaltknopfes am Oberrohr hat Canyon dem Bike einen USB-C-Stecker spendiert, um externe Geräte wie Navigationscomputer oder Beleuchtung mit Strom zu versorgen.

Canyon wählte bewusst einen kleineren 504 Wh-Akku, um Gewicht zu sparen und das Handling des Torque:ON zu optimieren.
Der Akku ist hinter einem Plastikschutz im Unterrohr eingebettet. Die breite Bauform seines Protektors schützt das Bike effizient vor hochgewirbeltem Geröll. Entfernt werden kann der Akku samt Protektor auf simple Art mittels mitgeliefertem Vierer-Inbus in Schlüsselform (mit O und N Schriftzug gewieft als Griff integriert), welcher an der oberen Seite der Akkuabdeckung eingesetzt wird. Ein herkömmlicher Vierer-Inbus erfüllt denselben Zweck.

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Komponenten und Geometrie

Nur das Beste vom Besten an der Federungsfront: Die Fox 38 Factory Grip2 mit Kashima-Beschichtung spielt mit EVOL Luftkammer, Entlüftungsventilen und einstellbarer High- und Low-Speed Kompressions- und Druckstufendämpfung sämtliche Register. Die Federkennlinie kann mittels Volumen-Spacern linearer oder progressiver gestaltet werden. Standardmäßig sind zwei Spacer verbaut.
Passend dazu ist der Fox X2 Factory-Luftdämpfer mit ebensolchen Verstellmöglichkeiten der Dämpfung anpassbar. Auch hier lassen Volumen-Spacer einen Feintrimm zu.

Die Schaltarbeit wird hauptsächlich von Srams GX-Gruppe übernommen. Auch die Bremsen stammen aus dem Hause Sram, die Code RSC Vierkolben-Bremse kann in Hebelweite und Druckpunkt justiert werden.
Ein Canoyon:ON Vorbau mit 40 mm Länge, Canyon:ON Lenker mit 780 mm Breite und 20 mm Rise, sowie Canyon-Griffe formen das Cockpit.
Angesichts der Ausstattung ist der Preis von € 5.999,- für das Torque:ON 9 verführerisch, die Dual Battery-Version für € 6.299,- umso mehr. Dass der Spaß beim Torque:ON 8 bereits bei 4.799,- (€ 4.999,- für Dual Battery) beginnt, macht die Geldbörse glücklich.

Geometrie

Größe S M L XL
Sitzrohrlänge (mm) 440 440 460 500
Steuerrohrlänge (mm) 115 125 135 145
Oberrohrlänge (mm) 612 639 667 694
Kettenstrebenlänge (mm) 430 430 430 430
Lenkwinkel 63,5° 63,5° 63,5° 63,5°
Sitzwinkel 74° 74° 74° 74°
Stack (mm) 616 625 634 643
Reach (mm) 435 460 485 510

In 25 mm-Schritten wächst der Reach bei allen vier erhältlichen Rahmengrößen, beginnend mit den 435 mm des Größe S Rahmens. Diese modernen, aber nicht extremen Werte koppelt Canyon mit äußerst kurzen Kettenstreben von 430 mm. Das Steuerrohr wächst mit jeder Größe um 10 mm.
Ein flacher Lenkwinkel von 63,5 Grad sorgt für Laufruhe. Der effektive Sitzwinkel mit nur 74 Grad ist nach heutigen Maßstäben ebenso als ziemlich flach einzustufen.

Achtung: Das Sattelrohr in Größe S ist ungewöhnlich lang und wird es kleineren Fahrern nicht ermöglichen, Teleskopstützen mit längerem Drop zu fahren, beziehungsweise wird es die Bewegungsfreiheit durch die geringe Absenkmöglichkeit des Sattels einschränken.

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Im Gemüse: Up

Der üppige Federweg von 180 bzw. 175 mm hält das Torque:ON nicht von ausgedehnten Kletterpartien ab. Generell betrachte ich Federweg in dieser Disziplin am E-Bike sowieso als nebensächlich, auf verblockten technischen Anstiegen, wo sich der Hinterbau am Boden festsaugen kann, sogar als hilfreich. Kletterfunktion gibt es am Hinterbauelement keine, braucht man aber in Wirklichkeit auch nicht. Kurze Kurbeln mit 160 mm Länge (165 mm bei L und XL Größe) helfen, im ruppigen Gelände nicht ständig mit der Kurbelspitze an Hindernissen anzuecken.
Nur die sehr kurzen Kettenstreben führen dazu, dass sich die Front in extremen Steilpassagen etwas früher vom Boden löst und man diesem Verhalten mit tief gebeugter Oberkörperhaltung entgegenwirken muss.
Der Sitzwinkel hätte ruhig steiler ausfallen dürfen. 74 Grad sind ein weiter Schritt zu modernen kletterfreudigen Werten von 77 Grad oder mehr. Das Vorschieben des Sattels bis zum Anschlag lässt die Tretposition am Torque:ON aber zumindest nicht unangenehm erscheinen. Der firmeneigene Canyon SD:ON Sattel mit stark hochgezogener Heckkante lieferte auch nach längerer Zeit im Sattel einen recht angenehmen Mix aus Komfort und Support.

Shimanos neuer EP8-Motor ist ein definitiver Schritt nach vorne: Stärker und sensibler als sein Vorgänger, ohne Widerstand beim Treten über 25 km/h Geschwindigkeit. Seine Kraftübertragung verläuft über die gesamte Bandbreite harmonisch und bringt die Kraft effizient auf den Boden.
Aus der Riege seiner größten Konkurrenten ist er allerdings immer noch der Schwächste - ein Faktum, das man allerdings nur wahrnimmt, wenn man mit Freunden auf höchster Unterstützungsstufe um die Wette radelt, oder vor Steilstücken steht, die man normalerweise eher nur bergab fährt.

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Schade, dass Shimano nicht auch seinem Display - das immer noch eine der besten Integrationsmöglichkeiten auf dem Markt bietet -, abgesehen von besseren Datenübertragungswerten, eine Generalüberholung spendiert hat. Die fünf Striche zur Batterieanzeige können nur als überholt angesehen werden und das Rätselraten, ob zum Beispiel noch 40 oder nur mehr 21 Prozent Restenergie bei zwei Strichen vorhanden sind, ist ein fundamentaler Nachteil.
Shimanos Argumentation liegt darin, dass genaue Prozentzahlen am Handy oder mit der Verbindung von Drittgeräten möglich sind. Warum nicht eine Prozentanzahl - für jene, die nicht alle paar Kilometer ihr Handy aus dem Rucksack kramen wollen oder über keinen extra Bike-Computer mit Verbindungsmöglichkeit verfügen - anstatt des Batteriesymbols möglich ist, erklärt es dennoch nicht.
Gleichgeblieben ist auch, dass das Display bis auf die Trittfrequenz nach ein paar Minuten immer auf die Geschwindigkeitsanzeige springt und die Anzeige der verbleibenden Restdistanz mit Vorsicht zu genießen ist. Zeigt das Display nur mehr zwei Striche an, nimmt die Akkuladung und angezeigte Restdistanz progressiv ab. Sieht man nur mehr einen Strich, sollte man sich schon lange wieder in Nähe des Ziels befinden, will man nicht ausschließlich auf seine Muskelkraft angewiesen sein.

Bei der Kabelintegration hat sich Canyon große Mühe gegeben, das Cockpit sauber zu halten. Canyons hauseigener Lenker und Vorbau verfügen über Kabelkanäle für die Lenker-Remote, allerdings sollte man bei der Installation lieber drei Mal schauen, ob nicht ein Kabel eingeklemmt sein könnte. Trotz Kontrolle ist es mir irgendwie gelungen, das Kabel abzuquetschen. Behelfsmäßig flicken konnte ich es, aber ich schätze, ich schulde Canyon ein neues Verbindungskabel.

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In puncto Reichweite gehört Shimanos EP8 generell zu den stromhungrigeren Vertretern seiner Gattung, mit dem kleinen 504 Wh-Akku wird das Torque:ON somit nicht zur ersten Wahl, wenn man größere Erkundungsrunden geplant hat. Canyon wollte das Mehrgewicht der Gravity-Komponenten etwas egalisieren, und das ist ihnen mit einem Gesamtgewicht von 23,785 kg auch gelungen - allerdings eben nicht ganz ohne Nachteile.
Canyons Angebot, das Torque:ON mit Dual Battery für nur 200 (beim Modell 8) bzw. 300 Euro (Modell 9) Mehrpreis zu erstehen, sollte man meiner Meinung nach unbedingt nutzen, um zumindest in Situationen, wo ein einfacher Akkuwechsel möglich ist, extra Strecke zurücklegen zu können. Der Akkuwechsel selbst ist beim Torque:ON übrigens sehr schnell erledigt. Einfach mittels mitgeliefertem Inbus in Schlüsselform (oder jedem herkömmlichen Vierer-Inbus) den Akku entriegeln und aus dem Unterrohr nach unten hin entnehmen.
Selbst dieses Konzept ändert allerdings nichts daran, dass man bei Ausfahrten mit Freunden, die auf Boliden mit 630 Wh + befeuerten E-Bikes sitzen, immer den Kürzeren ziehen wird. Entweder man schleppt einen Ersatzakku mit knapp 3 kg Gewicht im Rucksack mit (für mich persönlich undenkbar), plant seine Runde mit Rückkehrpunkt zum Haus oder Auto, wo ein Austauschakku liegt, oder muss seine Fahrt vorzeitig abbrechen und alleine Richtung Startpunkt zurückkehren, sollten die anderen noch ein paar Extra-Loops einlegen wollen.
Ob das wirklich ein Problem darstellt, hängt vermutlich von der gewünschten Einsatzart eines jeden Fahrers individuell ab. Mir selbst ist es öfter als gewollt passiert, dass ich auf Ausfahrten noch gerne ein paar Höhenmeter zurückgelegt hätte, nachdem ich allerdings nicht das Dual Battery-Modell ausgefasst hatte, blieb mir nur der Weg zurück nach Hause als Option.
Auf meiner Testrunde, auf der ich die verschiedensten Motorsysteme auf höchster Stufe bis zum Aus des Akkus teste, kommt als Richtwert (die Testbedingungen sind aufgrund unterschiedlicher Faktoren nicht als Laborwerte zu verstehen) ein Fahrer mit 75 kg Gewicht auf 1.010 Höhenmeter bei einer Distanz von 22,98 km. Im Vergleich dazu: mit 630 Wh-Akku wären unter ähnlichen Bedingungen ungefähr 240 Hm zusätzlich möglich. Fahrten ausschließlich im Eco- und Trail-Modus quetschen auch ein paar Hundert Höhenmeter extra aus dem Akku.

Wirklich nervend: die integrierte Kettenführung ist so platziert, dass sie auf den größten zwei Gängen der Kassette ein stark schleifendes Geräusch von sich gibt. So laut, dass man zumindest im größten Gang nicht lange verweilen will. Verstellen kann man die Führung nicht, somit gibt es anscheinend auch keine Lösung für dieses Problem. Ein Glück, dass man mit E-Bike nur in absoluten Trial-Steilstücken zum Wurfanker greifen wollen wird.

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Im Gemüse: Down

Canyon hat sich spürbar Mühe gegeben, eine Federkennlinie mit hohen Reserven zu generieren. Das lange Einbaumaß des Dämpfers mit geringem durchschnittlichen Hebelverhältnis trägt sicher seinen Teil zur schluckfreudigen Federung bei. Sensibel im Anfangsbereich mit ausreichend Support im mittleren Federweg, bleibt man selbst bei hohen Drops und elendslangen Sprüngen vor ungewollten Durchschlägen verschont. So soll es sein. Wer eine außergewöhnlich harte Fahrweise bevorzugt, kann sogar zusätzliche Volumen-Spacer in der Kammer des Fox X2-Elements hinzufügen, um die Federkennlinie noch progressiver zu gestalten.
Gabel und Hinterbau folgen dem Terrain präzise, ohne dass man sich in brutalen Wurzel- und Steinfeldern jemals über die Funktion der Federelemente Gedanken machen muss. Die Kashima-beschichtete Fox 38 und der X2-Dämpfer gehören momentan zur Crème de la Crème für abfahrtsorientierte Piloten.
Bei all dem Potenzial des Fahrwerks fühlt sich das Bike nicht träge an und unterstützt bei Bedarf eine aktive Fahrweise von Piloten, die gerne von einem Hindernis zum nächsten poppen. Dank der Alu-Konstruktion und massiver Kugellager ist das Chassis äußerst steif und sorgt für präzise Linienführung oder verzeiht auch einmal Landungen, bei denen der Hinterbau im schrägen Winkel aufschlägt.

Immer wieder nervend fällt das Klappern des Shimano EP8 Motors im Leerlauf auf - ähnlich dem eines metallischen Kettenschlagens. Ein technisches Problem ist es nicht, nur eine Nebenerscheinung der neuen Konstruktion. Traurig, dass es die zwei größten Motorhersteller (auch Bosch-Modelle weisen das gleiche Problem auf) mit ihrer neuesten Generation nicht geschafft haben, klapperfreie Motoren herzustellen.
Wenn es um absolute Geschwindigkeit geht, fühle ich mich persönlich auf Mullet- oder 29"-Setups mit längeren Kettenstreben mittlerweile sicherer, um mich im Grenzbereich zu bewegen. An keine meiner persönlichen Strava-Bestzeiten konnte ich mich mit dem Torque:ON so recht herantasten und der Traktions- und Kontrollunterschied eines 29" Vorderrades bedeutet gegenüber einem 27,5er vielleicht nicht die Welt, ist aber dennoch unbestreitbar.
Nicht vernachlässigt werden darf auch die Balance von Front- und Rear Center. Durch die sehr kurzen Kettenstreben lastet vor allem bei den größeren Rahmengrößen mit längerem Reach viel Gewicht auf dem Heck des Bikes und macht es schwieriger, die Front für höheren Grip zu belasten.
Wer allerdings ein Bike mit viel Federweg, hohem Big-Hit-Potenzial, aber einem spürbaren Schuss Wendigkeit sucht, wird mit dem Konzept und der 27,5"-Konfiguration des Torque:ON sicher glücklich werden.
Überraschend verspielt zeigt sich das Torque:ON nämlich nicht nur auf engen Singletrails, sondern auch bei größeren Sprüngen in der Luft. Die kleineren Laufräder und der schmächtigere Akku tragen ihren Teil dazu bei, und das Gesamtgewicht von knapp 23,8 kg liegt noch unter der Behäbigkeitsgrenze.

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Ist die Double Down Variante von Maxxis am Vorderrad mit super-griffiger Gummimischung für ein Bike dieser Art gerne gesehen, wird man mit der dünnwandigeren Exo+ Variante am Hinterrad wohl ein Reifeninsert installieren müssen, um Reifenpannen zu minimieren. Im Testbetrieb mussten wir einen Snakebite nach einer härteren Landung hinnehmen, den die Dichtmilch nicht wirklich unter Kontrolle bekam. Zur Verteidigung: Maxxis hat kein DHR II-Modell mit Double Down Seitenwand und 2,6" Reifenbreite im Programm und die schmälere Variante wäre am Hinterrad eines E-Bikes eine andere Art von Kompromiss.
Die H-1700 Spline Hybrid-Laufräder von DT Swiss mit robusten 350er-Naben sind uns alte Bekannte und zeigten auch in diesem Test, dass sie mit grober Behandlung gut zurechtkommen. Sehr fein, dass die Innenbreite der Felge front- und heckspezifisch gewählt wurde: 30 mm vorne und 35 mm hinten für guten Support der Seitenwände der Reifen, die mit 2,5" Breite vorne und 2,6" Breite hinten übrigens für eine großartige Kombo bezüglich Grip und definiertem Handling sorgen.

Wirklicher Freund von Code-Bremsen dieser Generation werde ich vermutlich - entgegen einer breiten Anhängerschaft - nicht mehr. Zwar liefert die RSC um einiges mehr an Bremskraft als die von mir überhaupt nicht geschätzte Code R, begeistern kann sie mich trotz 220 mm Scheibe am Vorderrad aber dennoch nicht. Bei langen Abfahrten verhärteten sich mein Unterarme unangenehm aufgrund der höheren Anforderungen - ein Problem, das ich mit Modellen anderer Hersteller auch an schwereren E-Bikes nicht habe. Sehr gut dosierbar sind sie allerdings.
Absolutes No-Go: das Sattelrohr für Größe S Rahmen misst gewaltige 440 mm Länge. Kleine Fahrer, für welche diese Rahmengröße gemacht ist, können aufgrund dessen keine Teleskopstütze mit großem Drop installieren, im häufigsten Fall nicht einmal den Sattel auf ein Niveau absenken, damit genügend Bewegungsfreiheit über dem Bike entsteht. Schade, schließlich würde die Form des Sattelrohrs generell nämlich eine tiefe Einschubtiefe ermöglichen.
Selbst auf dem Größe M Rahmen ist eine Sattelrohrlänge von 440 mm eher konservativ, aber die meisten Fahrer werden mit dieser Einschubtiefe bei 460 mm Reach keine Probleme haben. Lange Teleskopstützen mit Drop über 150 mm werden trotzdem nur individuell möglich sein.

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Fazit

Canyon Torque:ON 9
Modelljahr: 2021
Testdauer: 2 Monate / 353 km
Preis: € 5.999,- UVP
+ Exzellente Federung
+ Schuss Agilität für verspieltes Handling
+ Trotz Gravity-Komponenten akzeptables Gewicht
+ Tolles Preis/Leistungsverhältnis
o Abstriche bei Sekundenjagd
- Kleiner Akku schränkt in Reichweite ein
- Klappern des Motors im Freilauf
- Veraltete Display-Anzeigen
BB-Urteil: Big-Hitter mit einem Schuss Spritzigkeit

Canyon hat sich zum Ziel gesetzt, einen E-Freerider mit agilem Handling auf die Beine zu stellen, und das ist vollinhaltlich gelungen. Das Canyon Torque:ON ist ein potentes Big-Hit-Bike mit hohem Allround-Potenzial und superbem Fahrwerk. Aufgrund des halbwegs leichtfüßigen Handlings durch die kleineren Laufräder und kurzen Kettenstreben büßt man allerdings auch etwas an Sicherheitsgefühl im Grenzbereich ein, auf Sekundenjagd muss man sich also etwas mehr anstrengen.

Auch kann das Bike einige Detailschwächen nicht ganz vertuschen. Dass der Motor im Freilauf klappert, ist ein Shimano-Problem, mit dem man einfach leben muss. Die Reichweite mit 504 Wh Akku ist allerdings begrenzt und selbst die äußerst erschwingliche Option, das Bike mit zweiter Batterie zu ordern, löst nicht alle Probleme, die mit geringerer Akkukapazität verbunden sind. Am Potenzial, das Bike über hohe Drops zu jagen, ändert das zum Glück aber nichts.

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Bis jetzt konnte ich weder bei Shimano noch Bosch ein ungutes Geräusch feststellen

Echt jetzt? Wir haben's bei eigentlich jedem Testbike (sagt meine Erinnerung. Ich hoffe, ich liege da jetzt nicht falsch) mit entsprechendem Motor (Shim EP8, Bosch Gen4). Mal lauter, mal leiser, abhängig wohl v.a. von den "Dämpfungseigenschaften" des umgebenden Materials. Klappern, Scheppern, Schlagen, Pumpern ... wie immer man's bezeichnen möchte - ein wenig, als ob was locker wäre. Ralfs Beschreibungsversuch mit "wie metallisches Kettenschlagen" trifft's aber auch recht gut.

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Echt jetzt? Wir haben's bei eigentlich jedem Testbike (sagt meine Erinnerung. Ich hoffe, ich liege da jetzt nicht falsch) mit entsprechendem Motor (Shim EP8, Bosch Gen4). Mal lauter, mal leiser, abhängig wohl v.a. von den "Dämpfungseigenschaften" des umgebenden Materials. Klappern, Scheppern, Schlagen, Pumpern ... wie immer man's bezeichnen möchte - ein wenig, als ob was locker wäre. Ralfs Beschreibungsversuch mit "wie metallisches Kettenschlagen" trifft's aber auch recht gut.

 

 

 

Also es ist immer noch ein elektrisch betriebenes Fahrzeug bei dem mechanische Bauteile ineinander wirken. Bis jetzt hat wirklich noch niemand bei den 500+ Bosch und Shimano E-Bikes die ich an den Mann gebracht habe ein Geräusch bemängelt. Manche Räder sind lauter als Andere, wegen dem Resonanzkörper, aber kein Scheppern.

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Location? Göttweig?

 

Nein, ist ein lang bestehender illegal gebauter Trail, der zuletzt mit diversen Obstacles von anderen upgegradet worden ist, was unterschiedlich akzeptiert wird von den Erbauern.

 

Du scheinst weder Göttweig noch diesen zu kennen. Erstaunt mich dich etwas. Ist ein Highlight für Enduro- oder Trailbiker, auch wenn man die Jumps weglässt, und außerdem relativ lang.

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Nein, ist ein lang bestehender illegal gebauter Trail, der zuletzt mit diversen Obstacles von anderen upgegradet worden ist, was unterschiedlich akzeptiert wird von den Erbauern.

 

Du scheinst weder Göttweig noch diesen zu kennen. Erstaunt mich dich etwas. Ist ein Highlight für Enduro- oder Trailbiker, auch wenn man die Jumps weglässt, und außerdem relativ lang.

Stimmt, war noch nie in Göttweig und so schöne Trails kenn ich nicht, weil mir niemand solche per PM verrät...

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Also es ist immer noch ein elektrisch betriebenes Fahrzeug bei dem mechanische Bauteile ineinander wirken. Bis jetzt hat wirklich noch niemand bei den 500+ Bosch und Shimano E-Bikes die ich an den Mann gebracht habe ein Geräusch bemängelt. Manche Räder sind lauter als Andere, wegen dem Resonanzkörper, aber kein Scheppern.

 

Grundsätzlich tritt das Phänomen (das lt. Hersteller keine Funktionalitätseinbußen mit sich bringt) häufig genug auf, dass es auch den Herstellern bekannt ist und keinerlei Verwunderung hervorruft, wenn man's an sie heranträgt. Exemplarisch die Stellungnahme von Bosch aus März 2020 (ungekürzt nachzulesen im Trek Rail-Test https://bikeboard.at/Board/Trek-Rail-9.9-AXS-im-Test-th255904)

 

"Bei eBikes und eMTBs kann es beim Überfahren von Holperstrecken, flachen Treppen, Wurzelteppichen etc. mit dazu passender Geschwindigkeit und ohne dabei zu treten, durch die Erschütterungen zur Anregung von Schwingungen von Kette und Kettenblatt kommen. Diese Schwingungen übertragen sich je nach eBike (Hard Tail, Fully), Schaltung, Rahmen (Alu, Carbon) auf die Antriebswelle und von da an die inneren Getriebe-Zahnräder. Im ungünstigen Fall kann es bei „Spiel“ (oder „Lose“) zwischen den Zahnrädern und passender Anregung von außen zu einem metallisch klingenden Geräusch kommen.

Dieses Phänomen haben wir an verschiedenen Mittelmotorantrieben von Bosch und von Mitbewerbern erzeugen können."

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