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Merida O.Nine XX

Merida O.Nine XX

04.06.10 08:27 20.241Text: NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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Fotos: Erwin Haiden
Meridas Rennfeile begleitete uns auf Inseln, Wochenend-Touren und schnelle Ritte vor Büroschluss. Fazit nach fünf Wochen Leichtbau-Genuss samt Sram-XX-Plus: Wow!04.06.10 08:27 20.482

Merida O.Nine XX

04.06.10 08:27 20.4825 Kommentare NoMan
Lisi Hager

nicht mehr sehr blond, immer noch blauäugig, schokosüchtiger denn je

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Erwin Haiden
Meridas Rennfeile begleitete uns auf Inseln, Wochenend-Touren und schnelle Ritte vor Büroschluss. Fazit nach fünf Wochen Leichtbau-Genuss samt Sram-XX-Plus: Wow!04.06.10 08:27 20.482

Das Bessere ist des Guten Feind. Nun sind Meridas Top-Hardtail und dessen Vorgänger, das Carbon FLX, zwar keine Kontrahenten. Tatsache ist jedoch, dass das 2009 erstmals präsentierte O.Nine seinem Geburtshelfer mittlerweile ziemlich die Show stiehlt.
Euphorische Testberichte, beeindruckende Rennergebnisse und die zugehörigen Laborwerte sprechen eine deutliche Sprache: 2010 sucht das Bike, dessen Entwicklung dereinst mit einem voll verkabelten Carbon FLX begann (sog. "Data Recording" zur Echtzeit-Messung der auftretenden Kräfte bei Belastung), seinesgleichen.

Womit das gänzlich unbescheidene Entwicklungsziel erreicht scheint. Denn die Vorgabe war nicht mehr und nicht weniger, als "den leichtesten, komfortabelsten und leistungsstärksten Serien-Hardtail-Rahmen der Welt zu bauen", so Chefentwickler Jürgen Falke.

Der erste Kontakt

Rein optisch hält sich dieser Anspruch vorerst bedeckt. Ein schnörkelloser Carbon-Rahmen in schnittigem Schwarz-Weiß, bestückt mit allem, was unter Racern als leicht und gut gilt: DT Swiss-Gabel und -Naben, Alex XCR-Felgen, SLR-Sattel und natürlich Srams neue und schon sehr spektakulär designte XX-Gruppe. Fesch und flott wirkt diese Kombination allemal, außergewöhnlich aber noch nicht.

  • Merida O.Nine XXMerida O.Nine XX
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Bei näherem Hinsehen allerdings entdeckt man doch einige Hinweise darauf, dass sich hinter der Standard-Aufmachung Herausragendes verbergen könnte. Einen in das Sitzrohr integrierten Sockel zur Befestigung des Umwerfers etwa (spart lt. Hersteller Gewicht und schont im Vergleich zu herkömmlichen Schellen das Material) sieht man nicht alle Tage.
Vollcarbon-Ausfallenden kommen da schon häufiger vor, zeugen aber ebenfalls von hoher Rahmenbau-Kunst. Gleiches gilt für die Post-Mount-Direktmontage für 160-mm-Rotoren. Weiters auffällig: das extrem konifizierte Sitzrohr (von mächtigen 40 mm im Tretlagerbereich auf zarte 31,6 am oberen Ende) samt schlanker Sattelstütze und Fliegengewicht-Schelle (10 g).

  • Integrierte Umwerfer-BefestigungIntegrierte Umwerfer-Befestigung
    Integrierte Umwerfer-Befestigung
    Integrierte Umwerfer-Befestigung
  • Vollcarbon-AusfallendeVollcarbon-Ausfallende
    Vollcarbon-Ausfallende
    Vollcarbon-Ausfallende
  • Integrierte Bremssockel-BefestigungIntegrierte Bremssockel-Befestigung
    Integrierte Bremssockel-Befestigung
    Integrierte Bremssockel-Befestigung

Gefertigt ist der Rahmen, dessen Name von den 0,93 Kilogramm (!) herrührt, die er in seiner leichtesten Variante (mit 73 mm BSA-Tretlager) wiegt, als „Structure Element Monocoque“. Was das heißt? Verschiedene Bauweisen werden so kombiniert, dass sich am Ende die ideale Mischung aus Steifigkeit, Haltbarkeit und Komfort ergibt.
Für diese Zauberformel schwört jeder Hersteller auf seine eigenen Zutaten. Merida setzt auf den gleichen Baustoff wie beim Ninety-Six-Fully: ein Mix aus High Modulus-, Ultra High Modulus- und Intermediate-Carbonfasern, fixiert durch eine Nano-verstärkte Matrix. Die einzelnen Rahmenteile werden je nach Anforderung gemäß dem Tube-to-Tube-Prinzip oder mittels Innenmuffung verbunden. Das Unterrohr wird innen durch einen längs verlaufenden Steg in zwei Kammern geteilt (Double Chamber Technology) und dadurch verstärkt.

Geometrie

Detailansicht

Die Testergebnisse

  • Merida O.Nine XX

Positioniert ist das Merida ganz klar als Rennfeile der edlen Sorte. Dafür sprechen das unglaublich geringe Gewicht von 7,8 kg (das übrigens gänzlich ohne "Mogelparts" zustande kommt, sprich: von den Anbauteilen bis zu den Reifen ist das O.Nine voll geländetauglich), die Ausstattung, der Preis und auch die sportlich-gestreckte Sitzposition.

Spezifikationen

Tech Specs

Rahmen0.Nine Carbon Nano Ultralite BB30
 NabenDT Swiss 190 Ceramic Disc
Größen16/18/20/21,5" (internat. auch 14,5)
 FelgenAlex XCR Pro 300 Disc
GabelDT Swiss XC Race 80 mm
 ReifenSchwalbe Rocket Ron Evo 2,1
SchaltwerkSram XX
 LenkerFSA Carbon Pro CSI Flat 620
SchalthebelSram XX, Trigger VorbauFSA OS99 6°
UmwerferSram XX
 SteuersatzN0.9 Mcup/CC-CF
BremshebelSram XX Disc SattelSelle Italia SLR Kit Carbon
BremsenSram XX Disc, 160/160 mm
 PedaleCrank Brothers EggBeater Ti
KurbelSram XX 2.2, 28/42 Z.
 Gewicht7,8 kg (o.P.)
KassetteSram XX, 11-36 Z.
 Preis€ 6.999,-

Umso überraschender ist deshalb der herausragende Komfort, den das Hardtail am Trail bietet. Ob’s nun am markant geformten Flex-Stay-Hinterbau, an der nur 27,2 mm dünnen Sattelstütze, am schmal zulaufenden Sitzrohr, an der perfekten Ausrichtung der Carbonfasern oder an einer Mischung aus allen diesen Komponenten liegt: Für ein Hardtail mit relativ läppischen 80 mm Federweg (die Präferenz der Merida-Profis, denen das Bike ja auf den Leib geschneidert wurde) fährt sich der schwarze Flitzer unglaublich stoß- und vibrationsfrei.
Um’s ein wenig zu überzeichnen: Selbst mit frisch gebrochenem Rückenwirbel kann man auf dem O.Nine halbwegs schmerzfrei Mallorca unsicher machen. Aber gut, der zugehörige Protagonist hieß in diesem Fall ja auch NoPain …

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Auch in puncto Handling ist Merida ein großartiger Wurf gelungen. Agil – laufruhig, wendig – spurtreu, verspielt – straight; welches Gegensatzpaar auch immer einem in den Sinn kommt: Das O.Nine vereint die Antagonisten, jeweils mit Tendenz zur quirligen Seite, in eleganter Manier.
Zusätzlich erweisen sich die federleichten Scandium-Laufräder als Tüpfelchen auf dem i von Attributen wie „sprintstark“ oder „kletterfreudig“. Die Kombination aus Alex-Felgen und keramisch gelagerten DT Swiss-Naben ist steif genug für beherzte Antritte, dabei aber leicht und leichtgängig genug, um den Rennhobel wie eine Rakete nach vorne bzw. oben zu katapultieren.

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Soll unbedingt Kritik laut werden, muss die Gabel herhalten. Nicht aufgrund ihrer Performance. Verglichen mit DT Swiss-Forken aus dem Jahr eins der Pace-Übernahme arbeitet die unkomplizierte XC Race höchst zuverlässig und ausgewogen, wenngleich die steile Kennlinie nicht jedermanns Sache sein mag und sich gelegentlich der Lockout-Hebel verselbständigte (sprich: von alleine zurücksprang). Aber 80 mm sind nun mal nicht die Welt, und gröberes Gelände verlangt deshalb nach einer Portion Mut und einer ruhigen sicheren Hand.
Demzufolge mehr als passend: der mit 620 mm relativ breite Lenker, der an Kontrolle wettmacht, was der Federweg vielleicht vermissen lässt.

Sram XX - A Star is born

Neugierig auf Meridas Leichtbau-Flaggschiff war die Bikeboard-Crew nicht nur wegen des Bikes an sich. Auch die Aussicht auf erste Testrunden mit Srams neuer XX erhöhte den „Fahren-Will“-Faktor. Und zwar zu Recht, wie sich hintennach herausstellte. Designtechnisch mehr als gelungen und gewichtsmäßig konkurrenzlos gut, konnte die Topgruppe der Amerikaner auch funktionell voll überzeugen.

Laut Elmar Keineke von Sram „für alle Biker vom CC-Racer bis zum All-Mountain-Piloten“ gedacht, spricht die XX mit ihrer Zweifachkurbel wohl doch vor allem Rennfahrer an – Stichwort Gewichtsersparnis, Stichwort Q-Faktor, Stichwort Wadenschmalz.

  • Die Kurbel (430 bzw. 470 Euro) mitsamt ihren edlen Keramik-Lagern gibt's mit zweierlei Standards: Truvativ-GXP-Bauweise oder BB-30, und zwar jeweils in normaler oder Press-Fit-Version (195,-)Die Kurbel (430 bzw. 470 Euro) mitsamt ihren edlen Keramik-Lagern gibt's mit zweierlei Standards: Truvativ-GXP-Bauweise oder BB-30, und zwar jeweils in normaler oder Press-Fit-Version (195,-)
    Die Kurbel (430 bzw. 470 Euro) mitsamt ihren edlen Keramik-Lagern gibt's mit zweierlei Standards: Truvativ-GXP-Bauweise oder BB-30, und zwar jeweils in normaler oder Press-Fit-Version (195,-)
    Die Kurbel (430 bzw. 470 Euro) mitsamt ihren edlen Keramik-Lagern gibt's mit zweierlei Standards: Truvativ-GXP-Bauweise oder BB-30, und zwar jeweils in normaler oder Press-Fit-Version (195,-)
  • Echter Hingucker: die aus einem Stahlblock gefräste Kassette. Nur das größte Ritzel und der Abschlussring bestehen aus Alu. Listenpreis des 208 g leichten CNC-Wunderwerks: 328,-Echter Hingucker: die aus einem Stahlblock gefräste Kassette. Nur das größte Ritzel und der Abschlussring bestehen aus Alu. Listenpreis des 208 g leichten CNC-Wunderwerks: 328,-
    Echter Hingucker: die aus einem Stahlblock gefräste Kassette. Nur das größte Ritzel und der Abschlussring bestehen aus Alu. Listenpreis des 208 g leichten CNC-Wunderwerks: 328,-
    Echter Hingucker: die aus einem Stahlblock gefräste Kassette. Nur das größte Ritzel und der Abschlussring bestehen aus Alu. Listenpreis des 208 g leichten CNC-Wunderwerks: 328,-

Basierend auf einem Aluminium-Spider samt ebensolchen Kettenblättern, kommt die Kurbel gemeinsam mit den Carbon-Armen auf 694 Gramm (BB30-Standard; inkl. BSA-Innenlager: 754 g) und ist in drei Varianten (26/39, 28/42, 30/45) zu haben. In Kombination mit der 11-36-Kassette (auch mit 11-32-Abstufung erhältlich) ergeben sich so, Überlagerungen weggerechnet, 14 effektive Übersetzungsstufen. Tatsächlich liefern auch Dreifach-Gruppen nicht mehr sinnvoll schaltbare Gänge. Allerdings ist deren Bandbreite größer. Für zarter besaitete Waden ist deshalb mit der XX in Steilpassagen früher Schluss. Am anderen Übersetzungs-Ende heißt's mit Rückenwind bergab schneller haxeln.

Detailansicht
€ 265,- kostet's, wenn's das Schaltwerk fetzt

Prinzipiell jedoch ist das Biken mit zwei Kettenblättern eine echte Freude: Man fuhrwerkt deutlich weniger an den (übrigens ergonomisch perfekten) Hebeln herum, es gibt keine hässlichen Kettenlinien, kaum Schabgeräusche. Außerdem verlaufen die Schaltvorgänge an sich superpräzise und knackig-zackig, speziell zwischen den beiden Kettenblättern geradezu spielerisch - X-Glide-Technologie sei Dank.
Wer's eilig hat, kann ganze fünf Gänge auf einmal nach oben schalten, Ritzel-abwärts geht's dafür nur step-by-step. Das hierfür zuständige Bauteil ist dem X.0-Schaltwerk optisch sehr ähnlich, hat jedoch eine innen verlaufende Kabelzugführung. Mit seiner Titanspannfeder, seinem Carbonkäfig und seinem relativ geschlossenen Magnesium-Alu-Körper wiegt der hintere Werfer 181 Gramm, die Umlenkrollen laufen auf gedichteten Keramik-Lagern.

Was die Bremsanlage betrifft, herrscht prinzipielle Begeisterung. Oversized-Kolben sorgen bei den auf der Elixir CR Mag basierenden Stoppern für ausreichend Power in allen XC-Lebenslagen, Dosierbarkeit und Ergonomie der Anlage sind über alle Zweifel erhaben. Lediglich mit dem (verstellbaren) Druckpunkt waren nicht alle Testfahrer zufrieden, weil am Ende der Ausritte nicht immer dort anzutreffen, wo anfangs vorgefunden. Aber gut, hier verhält es sich wohl ähnlich wie mit der Arbeistplatz-Beschaffenheit bei vollbesetztem Nyx-Büro: Man könnte ja mal ein bisschen lüften ...

  • Die Zange der XX-Bremsen besteht aus Magnesium, drinnen werkt ein überdimensionierter Kolben. Angeboten werden die zweiteiligen Discs mit Alu-Spider in 160 und 185 mm, hinten auch in 140Die Zange der XX-Bremsen besteht aus Magnesium, drinnen werkt ein überdimensionierter Kolben. Angeboten werden die zweiteiligen Discs mit Alu-Spider in 160 und 185 mm, hinten auch in 140
    Die Zange der XX-Bremsen besteht aus Magnesium, drinnen werkt ein überdimensionierter Kolben. Angeboten werden die zweiteiligen Discs mit Alu-Spider in 160 und 185 mm, hinten auch in 140
    Die Zange der XX-Bremsen besteht aus Magnesium, drinnen werkt ein überdimensionierter Kolben. Angeboten werden die zweiteiligen Discs mit Alu-Spider in 160 und 185 mm, hinten auch in 140
  • Viel Freude am Lenker: Aufgeräumte Optik dank Matchmaker-Klemmschelle (schnallt Schalt- und Bremshebel zusammen), ergonomisch perfekte Hebel und tolle Schraubgriffe mit super GripViel Freude am Lenker: Aufgeräumte Optik dank Matchmaker-Klemmschelle (schnallt Schalt- und Bremshebel zusammen), ergonomisch perfekte Hebel und tolle Schraubgriffe mit super Grip
    Viel Freude am Lenker: Aufgeräumte Optik dank Matchmaker-Klemmschelle (schnallt Schalt- und Bremshebel zusammen), ergonomisch perfekte Hebel und tolle Schraubgriffe mit super Grip
    Viel Freude am Lenker: Aufgeräumte Optik dank Matchmaker-Klemmschelle (schnallt Schalt- und Bremshebel zusammen), ergonomisch perfekte Hebel und tolle Schraubgriffe mit super Grip

Und noch ein Geständnis, was das Engagement der Bikeboard-Crew bei Testrädern betrifft, muss hier gemacht werden: Schönwetterfahrer, die wir sind, fehlen Erfahrungswerte zur Schmutzresistenz des Systems, speziell der enger gebauten Kassette. Sram verspricht jedenfalls weitgehende Unanfälligkeit aufgrund des offenen Designs des aus einem Stahlblock gefrästen CNC-Kunstwerks. Und wir glauben das jetzt einfach mal.
Abgesehen davon: Für diesbezüglich echte Erfahrungswerte braucht’s ohnehin eine ordentliche Schlammschlacht unter authentischen Rennbedingungen. Bevor sich diese jedoch bot, waren unsere Testwochen mit dem Merida O.Nine auch schon wieder um …

Fazit

So fühlt sich des Racers Version vom siebten Himmel an. Aber Vorsicht: Mit dem Merida O.Nine unterm Hintern gehen die materialspezifischen Ausreden für verpatzte Rennen gegen Null …

  • Merida O.Nine XX

  • 3 Monate später...
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