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Conway WME 827 Carbon

So wie der traumhafte Sommer neigen sich auch unsere Langzeittests nun langsam dem Ende zu. Vorgestellt hatten wir euch das Conway WME 827 ja bereits im Frühjahr. Jetzt, einige Monate später, ist es an der Zeit, ein endgültiges Testurteil zu sprechen. Von Schotterrampe bis Wurzeltrail, von technischen Anstiegen über felsige Ab- und geteerte Zufahrten durfte mich das WME begleiten. Erste Eindrücke wurden dabei teilweise bestätigt, andere über die Zeit wieder über Bord geworfen.

Auf den ersten Blick ist das Konzept hinter der WME Serie klar. Hier ist der Name Programm, steht das Kürzel doch für "We make Enduro". Verhältnismäßig langer Reach, kurzer Vorbau, breiter Lenker, garniert mit pechschwarzer Pike, Piggyback-Dämpfer und groben Gummis verdeutlichen die Vorstellung von Entwicklungs- und Marketingabteilung. Doch bekanntlich sind Räder ja weit mehr als nur die Summe ihrer Komponenten. Und der Teufel liegt im Detail ...

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Fahrwerkssetup

Leichtsinnig hatte ich im Frühling noch vom einfachen und schnellen Setup von Gabel und Dämpfer gesprochen. Im Falle der Rock Shox Pike RC behalte ich meine Meinung bei. Mit den Luftdruckempfehlungen des Herstellers lässt sich's arbeiten und man bekommt ein gutes Base-Setting.
Im Laufe des Tests wanderten noch zwei der mitgelieferten Volumenspacer in die Luftkammer der Pike. Durch diese Spacer lässt sich das Luftvolumen verkleinern, die Gabelcharakteristik dadurch anpassen. Nehmen wir an, wir hätten unsere Gabel mit 90 psi befüllt. Federt sie nun ein, erhöht sich der interne Druck entsprechend. Bei 80 % des Federwegs hat sich der Druck nun auf hypothetische 180 psi erhöht. Mittels der Spacer kann hier nachgebessert werden. Ausgehend von denselben 90 psi mag der Druck auf 250 psi steigen, nachdem man einen Spacer verbaut hat. Damit steigt auch der Gegendruck der Gabel, etwaigem Abtauchen und Durchschlagen wirkt man so entgegen, dem initialen Ansprechverhalten sollte es aber keinen Abbruch tun. Dadurch ließ sich mein gewünscht straffes Setup dennoch sensibel abstimmen.

Für deutlich mehr Kopfzerbrechen sorgte das endgültige Setup des Monarch Plus RC3 Dämpfers. Hierbei den Sweetspot für Anstieg und Abfahrt zu finden, erwies sich als etwas langwieriges Hin und Her; einmal gefunden, war die Performance aber mehr als nur zufriedenstellend. Mein persönlicher Sweetspot lag bei 23-25 % Sag und drei bis vier Klicks von der schnellsten Rebound Empfehlung entfernt. Damit schaffte ich einen feinen Kompromiss aus schmerzloser Uphill- und tadelloser Downhillperformance.
Mehr Sag machte das eigentlich gut kletterndem WME zum Schaukelpferd, verbesserten das Ansprechverhalten des Hinterbaus nur minimal, nahm dem Bike auch etwas von seiner Lebhaftigkeit. Wir ließen das Bike den Test über in seiner 160 mm Variante, ein Umbau auf 170 mm erschien ob des Einsatzgebietes überflüssig. Ohne Durchschlagsgefühle aufkommen zu lassen, nutzte das WME seine 160 mm Federweg am Heck auch im straffen Setup gut aus. Im Grunde wurde über die Monate kein einziges Mal der Wunsch nach mehr Reserven laut.

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Himmelwärts

Setzt man sich auf das WME 827, muss man sich bewusst sein, worauf man Platz nimmt. Mit – in unserem Setup – 160 mm Federweg hat man keine magersüchtige Marathonmaschine unter sich, sondern ein Bike, das auch dem einen oder anderen Bikeparkbesuch durchaus mit Freude entgegenblickt. Sucht man den Vergleich mit Bikes selbiger Kategorie, findet man sich auf einem durchaus zufriedenstellenden Kletterer wieder. Nur sehr hohe Trittfrequenzen und Wiegetritt quittiert das Fahrwerk mit deutlichem Wippen. Der Charakteristik einer Enduro-Tour entsprechend gemächlicheres Kurbeln macht ein Nachjustieren der Kompression überflüssig. Erst auf langen, asphaltierten Anstiegen wird ein Umschalten in die Mittelposition (bei Fox wäre es der Trail Modus) nötig.

Nur wenn man wirklich müde oder flott unterwegs ist, und der vor einem liegende Weg gar ekelhaft „gschmiert“ ansteigt, macht sich die - für meinen Geschmack zu aufrechte - Sitzposition bemerkbar. Bei gemütlichem Tempo muss sich das Conway vor als Kletterkünstler bekannten Mitbewerbern wie dem Scott Genius LT nicht verstecken. Nur bei sehr sportlicher Gangart wird ein Unterschied spürbar. Aber für derlei Terrain ist das WME ja schließlich auch nicht gebaut worden.

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Hat man sich auf das tourige Tempo eingestellt, gibt es eigentlich keinen Grund, nicht auch "richtige" Berge ohne Liftunterstützung in Angriff zu nehmen. Vorausgesetzt, man hat die Beine dazu, ist das 1x11 Setup auch für 1.500 Hm am Stück ausreichend. Mehr Spaß bereitet aber wohl ein Umbau auf eine 2-fach Kurbel. Conway hat hierzu auch werksseitig Varianten im Produkt-Lineup.

Besonders positiv überrascht das WME 827 in technisch anspruchsvollen, sehr steilen Anstiegen. Mit offenem Dämpfer ist die Traktion praktisch endlos, was gewiss auch an der Performance der Hans Dampf Reifen liegt. Weder loses Geröll, noch Stufen oder Wurzeln stellen ein ernsthaftes Problem dar. Viel Druck am Lenker sorgt für ein extrem spurstabiles Vorderrad, und trotz des flachen Lenkwinkels machen auch enge Kurven Freude.
Immer wieder findet man sich mit dem Conway freiwillig in der herausforderndsten Linie wieder - stets begleitet von breitem Grinsen und pfeifender Lunge. Der limitierende Faktor in technischem Geläuf heißt im Falle des WME definitiv nicht Maschine, sondern Oberschenkel und Mensch. Nicht selten ertappte ich mich, um Traktionsverlust oder steigendes Vorderrad flehend, unmögliche Rampen hochröchelnd. Erbarmen ob meines unwürdigen Hechelns und Wimmerns hatte das Conway nur in den seltensten Fällen. Eigensabotage des Testfahrers kann dabei aber jeweils nicht gänzlich ausgeschlossen werden…

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Talwärts

Enduro steht meinem Empfinden nach für einen Kompromiss aus brauchbarer Kletterfähigkeit und maximalem Fahrspaß bergab. Dank der modernen Geometrie steht man zentral und ausgewogen über dem Conway. Der - für mein Empfinden etwas zu - breite Lenker gibt viel Kontrolle, vom Fahrwerk bekommt man gutes Feedback bezüglich Untergrund. Große Steine und Wurzeln saugen Gabel und Dämpfer anstandslos weg, und auch kleinere Drops und Stufen kosten das WME nur ein müdes Lächeln. Bei allzu hohem Tempo lässt das Conway aber dann doch Unruhe aufkommen. Vor allem in ruppigen Passagen und flotteren Kurven macht sich die Mischung aus kurzen Kettenstreben, weichen DT-Swiss Spline E1900 Laufrädern und seitlich nachgiebigem Hinterbau bemerkbar.
An dieser Stelle sollte nun vielleich erwähnt werden, dass wir auf einem Vorserienrahmen saßen. Ob diese Probleme auch für die Serie bestehen, können wir weder ausschließen, noch bejahen. Vor allem dank ausbalancierter Geometrie und hervorragender Rock Shox Pike bleibt das Bike in diesen Situationen dennoch gut kontrollierbar, wenn auch manch Kurve einen Blick auf den vermeintlich platten Hinterreifen mit sich brachte.

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Wie auch schon bergwärts brilliert das WME 827 bergab vor allem in fahrtechnisch anspruchsvollen Passagen. Dank der kurzen Kettenstreben geht’s leicht ums Eck, die hervorragend dosierbaren Guide RS Bremsen und die immer hoch im Federweg stehende Pike sorgen für Sicherheit. In Zeiten, wo selbst T-Shirts das Selbstvertrauen am Trail boosten sollen, bin ich mit dem Begriff etwas vorsichtig geworden. Doch die Charakteristik des Conway gibt an Stufen und in verblockten Passagen tatsächlich extrem viel Selbstvertrauen, dank der ausgewogenen Grundpositon lässt sich der Schwerpunkt leicht adaptieren. Überschlagsgefühle oder, auf der anderen Seite des Spektrums, Probleme mit dem Grip am Vorderrad sind selten. Selbst nach langen Abfahrten blieb die Funktion der neuen Guide RS Bremsen auf hohem Niveau, Quietschorgien im Nassen gehören der Vergangenheit an.

Auch im mittleren Tempobereich fühlt sich das Conway sehr zuhause. Wellige Trails und entsprechend aktive Fahrweise sorgen für mächtig Laune. Hier kann das Bike sein lebhaftes Fahrverhalten voll ausspielen. Ein kleiner Sprung hier, eine Wand zum Anlieger umfunktioniert da. Verspielt und kreativ zieht unser WME der direkten Linie vor. Nicht, dass es deshalb langsam wäre …

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Tech Specs

RahmenConway Carbon Monocoque Enduro Fully 170/160 mmKurbelSram X1 1000 32 Z. 175mm
DämpferRockShox Monarch Plus RC3KassetteSram “XG1180″ 10-42 Z
GabelRockShox Pike RC 160 mmSchalthebelSram X1 1×11
VorbauContec Brut Select A-Head 50 mmSchaltwerkSram X1
LenkerContec Brut Select Riser, 780 mmReifenSchwalbe Hans Dampf Snake Skin
InnenlagerSram Press-FitKetteSram X1
SattelstützeRockShox Reverb Stealth 31,6 mm, 380/125 mmLaufräderDT Swiss Spline E1900 27,5
GriffeConway SpeedgripZubehörDual Plate, HR Mudguard, Kettenführung Bionicon C.Guide Eco
SattelFizik Gobi XMPreis€ 4199,95
BremsenSram Guide RS 200/180 mmGewicht12,9 kg (ohne Pedale)
  • Gut arbeitender und effektiver Hinterbau.Gut arbeitender und effektiver Hinterbau.Gut arbeitender und effektiver Hinterbau.
    Gut arbeitender und effektiver Hinterbau.
    Gut arbeitender und effektiver Hinterbau.
  • Robuster Carbonrahamen. Auch der Hinterbau ist Robuster Carbonrahamen. Auch der Hinterbau ist Robuster Carbonrahamen. Auch der Hinterbau ist
    Robuster Carbonrahamen. Auch der Hinterbau ist
    Robuster Carbonrahamen. Auch der Hinterbau ist
  • aus Carbon, zählt aber nicht zu den Steifsten.aus Carbon, zählt aber nicht zu den Steifsten.aus Carbon, zählt aber nicht zu den Steifsten.
    aus Carbon, zählt aber nicht zu den Steifsten.
    aus Carbon, zählt aber nicht zu den Steifsten.
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What to Change

Langzeittest habe ja den großen Vorteil, dass man viel Zeit am und mit dem jeweiligen Bike verbringt. Anders als auf den kurzen Ausfahrten, die der Rahmen von Produktpräsentationen und Messen ermöglicht, offenbaren sich über mehrere Monate tiefe, nahezu intime Einblicke. Ist die anfängliche Verliebtheit - schöner Rahmen, feine Teile, Sommer voller Sonne - erst mal verflogen, treten allmählich eventuelle Marotten des Testgeräts hervor. Ohne die rosarote Brille betrachtet, zeigt sich erst das wahre Gesicht eines Bikes, kleine Fehler werden plötzlich prominent.

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Das augenscheinlichste und mit Abstand gravierendste Problem an unserem Vorserienbike bestand in der Zugführung des Schaltwerks. Der an der Unterseite des Tretlagers austretende und in weiterer Folge unterhalb der Kettenstreben geführte Schaltzug sollte im Testverlauf für einiges Kopfzerbrechen sorgen. Selbst penibelstes Einstellen der Schaltung führte selten langfristig zu mehr als acht nutzbaren Gängen. Die Verfügbarkeit aller Gänge war nur mittels permanentem Nachjustieren und einer ständig springenden Kette herzustellen. Von gelockertem Schaltauge – was auch tatsächlich zweimal der Fall war – über falsche Kettenlinie bis hin zu eigener Unfähigkeit reichten die Mutmaßungen bezüglch der Ursache. Der wahre Grund offenbarte sich erst gegen Testende in Form eines abgeknickten Schaltzugs. Durch die unglückliche Führung des Zuges wurde dieser vom einfedernden Hinterbau über das Tretlager so sehr gespannt, dass die Klemmkräfte der Kabelbinder nicht ausreichten und der Zug am Schaltwerk knickte. Salopp gesagt, war er schlichtweg zu kurz geführt, ein längerer Zug hätte aber deutlich über das Kettenblatt hinausgeragt. Auf der Eurobike war auch bereits ein Lösungsansatz an den 2016er-Modellen zu sehen – der Zug wird zusätzlich an der ISCG Aufnahme fixiert, kann damit ohne Probleme lang genug geführt werden. Problem erkannt, Problem gebannt also. Wir saßen ja auch auf einem Vorserienrahmen ...

Wenig begeistern konnte auch die weiche DT-Swiss Spline E1900 Laufradgarnitur. Durch sie entwickelte vor allem der ohnehin nicht sehr steife Hinterbau in schnellen Kurven ein sehr schwammiges Gefühl. Auch an der unteren Schwingenaufnahme und den Kettenstreben war viel seitlicher Flex erkennbar. Schade eigentlich, denn andernfalls hätte das Bike bergab im klassischen Enduroeinsatz keine gravierenden Schwächen gezeigt.

Und weil wir schon am Jammern sind: die auf den ersten Blick vorbildliche Lösung der Zugklemmung an Steuerrohr und Tretlager konnte einerseits – zugegeben marginalen – Klappergeräuschen nicht entgegenwirken, und führte andererseits zu einer serienmäßig eingerissenen Bremsleitung. Doch wie schon mehrmals erwähnt, durften wir unsere Kilometer auf einem Vorserienrahmen abspulen. Was dies für die Serie bedeutet, können wir nur hinsichtlich der offensichtlichen Lösung der Schaltproblematik mit Sicherheit sagen.

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Fazit

Conway WME 827 Carbon
Modelljahr:2015 (Vorserie)
Testdauer:5 Monate
+Ausgewogen Position am Bike
+zu Ende gedachtes Konzept
+Gute Ausstattung
+Kletterfreudigkeit
oÜbersetzung für Jedermann?
-weiche Laufräder
-Hinterbausteifigkeit
BB-Urteil:Ausgewogenes Enduro, das viel Sicherheit in technischem Gelände - sowohl rauf als auch runter - vermittelt.
Für € 4.199,- bekommt man mit dem WME 827 ein sehr ausgewogenes Trailbike, das anstandslos klettert, und bergab die Erwartungen in ein Bike seiner Klasse voll erfüllt. Nur bei höheren Geschwindigkeiten stoßen Laufräder und Seitensteifigkeit des Hinterbaus an ihre Grenzen. Die übrige Ausstattung ist dem Einsatzbereich entsprechend gut gewählt und fair kalkuliert.
Auch vor längeren Touren muss man sich mit dem WME 827 nicht fürchten. Dank ausgewogener Geometrie gibt das Bike durchschnittlich versierten Fahrern viel Selbstvertrauen in technischerem Geläuf, anspruchsvolle Trailpassagen bergauf kosten das WME nur ein müdes Lächeln. Wer noch dazulernen möchte, sitzt auf diesem Bike ganz gut.

Conway bietet mit der WME Serie eine recht große Auswahl an Enduros an. In Carbon gibt es noch eine Variante über unserem Testbike, auf Alurahmen werden 2016 preislich noch drei weitere Modelle darunter liegen.
Los geht’s mit mit dem WME 627 und 2-fach Antrieb bereits bei € 2.599,-. Nur unwesentlich schwerer als unser Testmodell, dafür aber deutlich günstiger und damit unser Geheimtipp, ist das WME 827 Alu. Bei gleicher Ausstattung bekommt man für 1.000 Euro weniger (2016 wird’s wie überall leider teurer) einen gebürsteten Alurahmen im edlen Protoypenlook.



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