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Cannondale Scalpel HiMod 1 2021 im Test

Cannondale Scalpel HiMod 1 2021 im Test

09.11.20 11:41 18.833Text: Luke Biketalker
Lukas Schnitzer
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Fotos: Erwin Haiden
Scharfe Klinge für moderne XC-Kurse und schnelle Trail-Runden. Wir waren mit Cannondales Top-Racer auf flotter Tour.09.11.20 11:41 19.777

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09.11.20 11:41 19.7775 Kommentare Luke Biketalker
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Erwin Haiden
Scharfe Klinge für moderne XC-Kurse und schnelle Trail-Runden. Wir waren mit Cannondales Top-Racer auf flotter Tour.09.11.20 11:41 19.777

Vielleicht liegt es an mir, meinem stets gut besuchten Kopfkino und den dezent verfahrenen steirischen Denkmustern; doch manch Markenschriftzug weckt in mir unstrittig präzise Assoziationen. Cannondale? Riecht ganz klar nach Muskelöl und feuchter Morgenluft, klingt nach knatternden Flatterbändern, schmeckt nach Iso-Gel und nervös genipptem Zuckerwasser.
Cannondale bedeutet - zumindest in meiner kleinen Welt - Rennsport. Und mit Lefty Ocho, grün-schwarzer Team-Lackierung, obligatorisch überdimensioniertem Logo am Unterrohr und asketischen Rahmengewichten bildet da auch das neue Scalpel High-Mod 1 keine Ausnahme. Ja, das neue Fully der Amerikaner will flott bewegt werden. Und ja, der Rahmen setzt sich mit proklamierten 1.910 Gramm inklusive Hardware und Fox DPS Dämpfer ganz klar in die erste Gewichtsreihe moderner XCO- und Marathon-Feilen.

In einem Jahr, das eigentlich ein olympisches hätte werden sollen, präsentierte Cannondale im Frühling 2020 die jüngste Evolutionsstufe seines XC-Fullys Scalpel. Die drei Jungs vom Team Cannondale Factory Racing hätten damit in Tokio nach Medaillen angeln sollen. Doch ein Viehmarkt in Wuhan ließ alles anders kommen.
Einen ersten Sieg konnte die neue Rennfeile dennoch einheimsen: Unterm Hintern von Henrique Avancini stand das Bike beim Worldcup in Nove Mesto ganz oben am Siegertreppchen. Übrigens auch für den Brasilianer eine Premiere.

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 Eine echte Waffe für den XC 

Für genau solche Siege wurde am neuen Scalpel alles umgekrempelt. Die - zumindest visuell - größte Änderung am Carbon 29er ist sein neuer Hinterbau. Waren es früher flexende Sitzstreben, die dem Hinterbau ein virtuelles Gelenk gaben, sitzt das virtuelle Gelenk - das FlexPivot - nun an den Kettenstreben. Das macht das Scalpel 2021 nicht nur zum Viergelenker samt Horst-Link, sondern soll auch eine höhere Hinterbausteifigkeit erlauben. Zusätzlich stimmen die Amerikaner den Hinterbau spezifischer auf die unterschiedlichen Rahmenhöhen und somit zu erwartenden Fahrergewichte ab.
Mit dem asymmetrischen „Ai Hinterbau“ rückt Cannondale gleichzeitig Naben und Antrieb um 6 mm nach rechts. Dadurch können einerseits eine große Reifenfreiheit mit 29“ Reifen (bis 2.4") und kurze Kettenstreben kombiniert, andererseits steifere Laufräder verbaut werden. Denn das so speziell für den Ai Hinterbau eingespeichte Hinterrad kann laut Cannondale deutlich robuster gebaut werden, da die 6 mm Offset gleichmäßige Speichenwinkel und -spannungen erlauben. Gemeinsam mit der ebenfalls um 6 mm verschobenen Kettenlinie der Ai HollowGram Spider Kurbeln aus eigener Produktion bleibt der Antrieb effizient, bleiben die Schaltvorgänge präzise.

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Geometrie

Rahmengröße (mm) S M L XL
Stack (mm) 582 591 601 610
Reach (mm) 415 435 455 475
Sitzrohrlänge (mm) 430 440 480 520
Oberrohrlänge (mm) 576 599 622 644
BB-Drop (mm) 40 40 40 40
Kettenstrebenlänge (mm) 436 436 436 436
Sitzwinkel 74,5° 74,5° 74,5° 74,5°
Lenkwinkel 68° 68° 68° 68°
Radstand (mm) 1.128 1.151 1.175 1.199

Ebenfalls neu am Scalpel und bereits vom Hardtail F-Si bekannt, rollt das schnelle Fully mit Cannondales OutFront Geometrie an die Startlinie. Bedeutet unterm Strich einen etwas längeren Reach, rund 1,5° flacheren Lenk- sowie einen um rund 1° steileren Sitzwinkel.
Kernstück der Cannondale-Philosophie ist aber die Lefty Ocho Gabel. Denn während das Gros der Hersteller auch an XC-29ern auf Gabeln mit bis zu 44 mm Offset setzt, marschiert man bei Cannondale in die konträre Richtung. Der Versatz der Lefty wurde dafür entsprechend auf 55 mm verlängert.
Die Idee dahinter ist wie folgt: Während „traditionell“ ein kürzeres Offset den Nachlauf vergrößert und dadurch die Lenkung beruhig, setzt Cannondale für die ruhigere Front auf einen flacheren Lenkwinkel. Die Front wird dadurch träger und stabiler, auch in Verbindung mit dem dabei angewachsenen Radstand. Gleichzeitig soll der längere Versatz der Lefty aber den Trail verkürzen und das Handling damit wieder agiler machen. Die OutFront Geometrie versucht also Laufruhe (flacher Lenkwinkel) mit Agilität (55 mm Offset) zu vereinen.

Noch mehr Detaillösungen finden sich etwa am Übergang der Kettenstreben zum Tretlagerbereich. Hier sorgt eine Gummilippe für Schutz; Kieselsteine, Äste oder Schmutz können sich so nicht zwischen Hinterbau und vorderem Rahmendreieck verklemmen oder den Rahmen beschädigen.
Speziell für Marathons oder lange Touren macht Cannondale am Scalpel auch Platz für zwei Flaschenhalter. Jener am Unterrohr verbirgt zwischen seinen Ösen auch eine kleine Ausbuchtung. Dort lassen sich ein praktisches Fabric-Minitool sowie ein Co2-Kanister samt Tubeless-Repair-Utensilien unterbringen.
Ein Garmin-Sensor an der Lefty-Nabe liefert zusätzlich Parameter wie Geschwindigkeit und zurückgelegte Distanz an Cannondales hauseigene Smartphone App. Dort kann dann etwa auch die Gabel gescannt und Daten zu Service und Co. abgerufen werden.
Und weil es einfach gesagt werden muss: Mit proklamierten 1.919 Gramm für Rahmen, Fox Float DPS Factory Dämpfer und Kleinteile darf sich der Ballistec-Carbon-Rahmen des Scalpel zu Recht zur absoluten Leichtbau-Speerspitze am Fully-Sektor zählen.

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Tech Specs

Rahmen BallisTec Hi-Mod Carbon, Proportional Response Tuned, FlexPivot Chainstay, PF30-83, Tapered Headtube,Speed Release 12mm thru axle, Ai Offset, Stash compatible Lenker Cannondale 1 Flat, Carbon, 31.8mm, 9° back, 760mm
Größen S/M/L/XL Vorbau Cannondale 1, 7075 Alloy
Gabel Lefty Ocho Carbon, 100 mm Sattelstütze ENVE Carbon, 31.6 x 400mm, 0 mm offset
Dämpfer Fox Float DPS Factory EVOL, Remote lockout, adjustable rebound Sattel Prologo Dimension NDR, Tirox rails
Bremsen Shimano XTR Laufräder HollowGram 25, Superlight Hi-Impact Carbon, 28h, 25mm IW, tubeless ready
Trigger Shimano XTR Reifen Schwalbe Racing Ray EVO, 29 x 2.25", SnakeSkin, Addix Speedgrip, tubeless ready/ Schwalbe Racing Ralph EVO, 29 x 2.25", SnakeSkin, Addix Speed, tubeless ready
Schaltwerk Shimano XTR Griffe ESI Chunky Silicone, 32 mm
Kurbel Cannondale HollowGram, BB30a, OPI SpideRing, 34 Z, Ai offset Gewicht 9,95 kg
Kassette Shimano XT, 10-51 Z Preis 7.999 Euro
Kette Shimano XTR
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Scalpel Hi-MOD 1

Mit dem Scalpel Hi-MOD 1 hatten wir Cannondales absolutes Topmodell zu Besuch in der Redaktion. Ein Topmodell mit erfrischend unorthodoxer Ausstattung: Denn nicht nur die Lefty Ocho Carbon Gabel (zusammen mit dem Fox Float DPS Factory EVOL Dämpfer vom Lenker aus sperrbar) und Cannondales hauseigene HollowGram 25 Carbon Laufräder stechen aus der Masse hervor, sondern auch die Enve-Stütze in 31.6 mm, der Cannondale 1 Flatbar mit großzügigen 760 mm Breite sowie der modern geformte Prologo Dimension NDR Sattel.
Außerdem setzt Cannondale als einer der wenigen Hersteller an seinem Top-XCO-Hobel auf Shimanos 12-fach XTR. Von Trigger über Schaltwerk bis Bremse ist alles XTR. Schade, dass trotz der ausgerufenen 7.999 Euro an XT Kassette (10-51 Zähne) und Kette der Sparstift angesetzt wurde. Auch, wenn den Performance-Verlust wohl nur das eigene Ego zu spüren bekommen dürfte.
Die tollen ESI Chunky Silikongriffe mit ihren 32 mm Durchmessern machen da spätestens nach 20 Minuten im Sattel wieder einiges wett, die Optik der HollowGram Kurbel sowieso. Bei den Reifen setzt Cannondale auf eine beliebte XC-Bank: Schwalbe Racing Ray/Racing Ralph in EVO-Ausführung. Unser Testrad in Größe Large brachte es derart aufgerüstet auf 9,95 kg.

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Erstkontakt und Fahrbetrieb

Mit dem Sattel auf knapp 75 cm und einer Körpergröße von 180 cm sitzt es sich am neuen Scalpel exakt so, wie man es sich von einem 10 kg Race-Fully erwartet - und dann noch eine Nuance besser. Soll heiße: Man nimmt erwartungsgemäß sportlich Platz, sitzt allerdings nicht übermäßig gestreckt und verteilt die Last angenehm ausgeglichen zwischen Händen und Gesäß; hat mit dem 760 mm breiten Lenker viel Spielraum, um bergauf oder in der Ebene für ein paar Minuten die Position zu wechseln. Rücken, Brustkorb und Nacken danken's.
Wem SQlab und andere moderne Stufensättel mit kompakter Bauweise gut zu Gesicht - oder eher zu Gesäß - stehen, der wird wohl auch mit dem verbauten Prologo Sattel glücklich. Dass der 760 mm Lenker vor allem gemessen an XCO-Standards manchem zu breit ist, mag sein; für meinen Geschmack passt die Breite wunderbar ins Konzept des Bikes. Unbedingt ausprobieren, bevor man voreilig zur Säge greift.
Und auch, wenn es nur eine Kleinigkeit ist - die ESI Griffe am Cannondale sind eine Offenbarung. Bisher hatte ich ob meiner kleinen Patschhändchen bei ESI stets zum schlanken Racer’s Edge mit 30 mm gegriffen. Am Scalpel war die 32 mm Chunky Variante verbaut. Lächerliche zwei Millimeter, die aber einen spürbaren Unterschied in Komfort und Griffgefühl machen. Aber dies nur am Rande.
Praktisch auch, dass Cannondale in der Serie sowohl an Lefty als auch ans Sitzrohr einen kleinen Setup-Guide klebt - damit wird das initiale Setup zum Kinderspiel.

Etwas fummelig gestaltet sich der Laufrad Ein- und Ausbau. An der Lefty gilt es erst via 4 mm Inbus und Daumendruck auf die Sicherung den Schnellverschluss des Bremssattels zu lösen. Mit hängendem Sattel kann dann an der anderen Seite aber zumindest mit dem gleichen Schlüssel die Achse gelöst werden. Die Laufradmontage funktioniert dann in umgekehrter Reihenfolge. Aufwendig, aber wohl durchdacht.
Deutlich komplizierter wird es am Hinterrad. Erstens gilt es, auf einen 5 mm Inbus zu wechseln, zweitens sind die Dropouts trotz Steckachse unten offen. Beim Ausbau verbleibt die Achse in der Nabe und gleitet so aus dem Rahmen. Soll das Rad wieder zurück in den Hinterbau, braucht es viel Übung oder Geduld, um Kassette und (vor allem) Bremsscheibe an ihren Bestimmungsort zu führen und die Achse in Position zu bekommen. Eine klassische Steckachse wäre hier wohl intuitiver zu bedienen.

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Bergauf

Bereits auf den ersten Metern macht das Scalpel keinen Hehl um seine Herkunft. Leichter Rahmen, leichte Laufräder, schnelle Schwalbe Racing Ralph/Racing Ray Kombo - Antritte und Tempowechsel gehen fast schon spielerisch von der Hand. So beschleunigt nur ein Worldcup-Bike.
Orientiert man sich seitens des Dämpfer-Setups an der Herstellerempfehlung (was übrigens auch unsere Empfehlung für den Allround-Einsatz ist), macht die via Lenker-Remote zu aktivierende Plattform für Lefty und Fox DPS in eilig zu überwindenden Flachpassagen und über asphaltierte Anstiege durchaus Sinn. Man könnte dem offenen Hinterbau zwar mit 10 psi mehr Luft auch etwas mehr „Forstautobahn-Effizienz“ einprügeln - dann würde man allerdings auch an Traktion abseits befestigter Straßen verlieren.
Keine Sorge, bei Cannondale hat man sich schon seine Gedanken zum Thema Kinematik gemacht. Entsprechend gibt das Fahrwerk im Plattform-Modus gerade genügend Federweg frei, um sich nicht komplett starr anzufühlen. Rollt dennoch mal ein großer Schlag vor die Räder, öffnet sich ein Überdruckventil. So sprintet es sich effizient aus dem Startbereich oder über besagt glatte Zwischenpassagen.

 Enorme Traktion 

Womit das Cannondale am Trail besticht
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Weniger sensible Geister greifen vielleicht so gut wie nie zum Lenker am Hebel. Sobald es tiefer in den Wald geht, der Untergrund holpriger wird, können dann selbst empfindliche Gemüter getrost auf die Plattform verzichten. Auch wenn der Hinterbau eine Nuance aktiver arbeitet als bei manch bockhartem Konkurrenten, sind wir vom Schaukelpferd weit entfernt. Und ja, ich zähle mich selbst auch zur oben erwähnten Gruppe der Prinzessinnen.
Womit das Cannondale am Trail besticht, ist seine enorme Traktion. Selbst in steilen Wurzelpassagen bleibt die Front kontrollierbar, findet der Hinterreifen stets sicheren Bodenkontakt. Kein bockig über Wurzeln und Geröll holperndes Hinterrad, kein „Hängenbleiben“ an Stufen, kein Kickback am Pedal. Technische Klettereien sind mit dem Scalpel ein wahrer Genuss. Der aktive Hinterbau fühlt sich in Sachen Traktion nach deutlich mehr als den vorhandenen 100 mm an, dennoch motiviert das niedrige Gewicht zu Hardtail-Speed. XC-Racing at its best, um es mit Anglizismen zu beschreiben. Ein Bügeleisen für technische Anstiege und flotte Trails.

Was bergauf im wahrsten Sinne des Wortes an den Nerven reibt, ist die serienmäßige Kettenführung. Weshalb diese in Verbindung mit Shimanos XTR, deren hoher Schaltwerksspannung und dem sicheren Zahnprofil der Ritzel überhaupt nötig ist, sei dahingestellt. Fakt ist, die Kette reibt speziell in den leichtesten Gängen immer wieder an der Führung. Zwar zeigt die Reibung ein Kommen und Gehen, lässt sich aber doch nicht gänzlich ausschalten. Schade, denn abgesehen davon läuft das Cannondale beinahe lautlos.

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Downhill

Bergab weiß die Lefty Ocho mit sensiblem Ansprechverhalten und gutem Gegenhalt zu begeistern, vereint Steifigkeit mit gerade genügend Nachgiebigkeit. So fasst sich das Marketinggedöns rund um Cannondales charakteristische Alleinstellungsmerkmal in etwa zusammen - aber genau so fährt sich die einbeinige Gabel auch. Wäre da nicht der etwas fummelige Laufradausbau, würde ich mir die Lefty an jedes XC-Bike wünschen.
Cannondales OutFront Geometrie positioniert den Fahrer recht offensiv und macht es zum Kinderspiel, sich aktiv nach vorne zu orientieren. Balancekorrekturen gen Hinter- wie Vorderrad gehen leicht von der Hand; trotz guter Laufruhe bleibt das Fully agil und wendig, setzt Lenkbefehle willig und direkt um, ohne dabei unsicher oder nervös zu wirken.
Insgesamt fühlt sich das Rad auch über wurzelige oder steile Passagen nach einer Federwegsklasse höher an und steckt auch Trails jenseits des klassischen XCO-Geläufs in die Tasche. Mit seinem fein ansprechenden Fahrwerk, dem guten Gegenhalt und dem insgesamt „satten“ Gefühl des Fahrwerks entschärft es Passagen, in denen andere Räder schon nervös und bockig zu springen beginnen. Im XCO-Umfeld eine echte Waffe.

Ja, das Scalpel HiMod 1 ist dem Teambike der Worldcup-Racer äußerst ähnlich. Und ja, Rennsport äußert sich in den Komponenten. Doch das Cannondale vertritt mit seiner modernen Geometrie und seinen Fahreigenschaften ganz klar das progressive Lager, ist trotz aller leichtfüßigen Ernsthaftigkeit dem Fahrspaß nicht abgeneigt. Und so würden dem Scalpel manch kleine Änderungen an den Specs doch gut zu Gesicht stehen.
Auch, wenn im Leichtbau kein Weg darum herum führt und glattrasierte XCO-Helden über meine Worte lachen werden: In technischen Abfahrten habe ich mich über die Jahre so sehr an die Vorzüge hydraulischer Sattelstützen gewöhnt, dass ich sie nicht mehr missen möchte. Ja, die verbaute Enve-Stütze aus Carbon ist leicht und mag Racer zufriedenstellen. Echter Fahrspaß, und das bestätigt selbst ein Nino Schurter, kommt damit aber etwas kurz. Gut, dass Cannondale hier mit 31.6 mm Stützenmaß die Auswahl an passenden Droppern groß hält. Ich würde jedenfalls ohne mit der Wimper zu zucken von der Option Gebrauch machen.

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Wenn wir schon bei einer Wunschliste sind, würde einem Rad wie dem Scalpel auch etwas mehr Volumen im Reifen gut zu Gesicht stehen. Die 2.25er Reifen mögen auf flotter Hatz über die Forststraßen und auf sanften Trails ihre Berechtigung haben; um dem Potenzial des Fullys gerecht zu werden, dürfte es aber ruhig etwas mehr Fleisch sein. Schwalbe bietet die montierte Racing Ray/Racing Ralph Kombi ja nicht um sonst nebst 2.25" auch in 2.35" an. Und ein gewisser Nobby Nic läge da auch noch im Regal. Breite Felgen und voluminöse Reifen sind seit einigen Jahren auch auf Weltcup-Ebene angekommen und machen trotz aller Gewichtsgedanken durchaus Sinn. Schließlich fährt es sich damit einfach sicherer - und ein Sturz kostet mehr Zeit als ein paar Gramm an Gewicht.
Dass ich mit meinen 86 kg für die verbauten 160 mm Scheiben einfach zu "blad" bin, sollte auch nicht überraschen... aber hey - das HiMod 1 ist die Worldcup-Replica, für das freche Augenzwinkern hat Cannondale das 120 mm Scalpel SE im Katalog. Also bitte kein Grund zur Kritik. Maximal ein kleiner Denkanstoß in Richtung baggytragende Zukunft. Denn wie es das Scalpel SE zeigt, hat auch das 100 mm Scalpel den Fahrspaß in der DNA.

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Fazit

Cannondale Scalpel HiMod 1
Modelljahr: 2021
Testdauer: 3 Wochen
Preis: € 7.999,- UVP
+ Gewicht
+ Geometrie
+ Gabel
+ Fahwerk
+ Traktion
+ Beschleunigung
+ Dropper nachrüstbar
+/- Sehr spezifische Ausstattung
o 160er Discs
- Schmale Reifen beschneiden die Performance am Trail
- Laute Kettenführung
BB-Urteil: Racer's Edge mit Augenzwinkern

Unglaublich leicht, unglaublich flott und mit 7.999 Euro für ein Topmodell überraschend „günstig“, kann das Cannondale Scalpel HiMod 1 mit vielen smarten Detaillösungen überzeugen. Der Hinterbau liefert viel Traktion und macht das Scalpel zum technischen Kletterkünstler. Auf der Suche nach dem letzten Quäntchen Effizienz hilft der Griff zur Lenkerfernbedienung.
Bergab hat das Rad deutlich mehr Potenzial als es für ein XCO-Bike üblich wäre. Aufgerüstet mit breiteren Reifen und Dropper-Post, erweitert sich der Horizont des Fullys vom klassisch flotten Marathon und XC-Rennen hin zu spaßigen Trail-Ausflügen. Wenigstens die breiteren 2.35er Schwalbe Reifen hätte sich das Rad ab Werk verdient, den Dropper aus dem Zubehör würde ich selbst Hobby-Racern empfehlen. Denn etwas mehr Spaß und Sicherheit am Weg zur goldenen Ananas schadet niemandem - zumal die Geometrie und Fahrdynamik des Scalpel geradezu darum betteln.

Ein modernes XC-Fully, das vom knackigen Crosscountry über den langen Marathon bis zur flotten Feierabendrunde überall eine gute Figur macht. Für die anvisierte Zielgruppe perfekt abgestimmt, ließe sich sein Horizont mit wenigen Handgriffen auch über die am Papier bestehenden 100 mm Federweg hinaus erweitern - der tolle Rahmen und das ausgezeichnete Fahrwerk würden sich einen Blick über den Tellerrand verdienen. Eine echte Waffe für den XCO.

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Bei den Reifen ist, glaube ich, ein Fehler eingebaut. Es ist die Rede davon, dass die serienmäßigen Rocket Ron/Racing Ralph mit 2.25 zu schmal sind und gleich mit jeweils 2.35 ausgeliefert werden sollten. Beim Vorderreifen handelt es sich aber um einen RACING RAY, den es meines Wissens nicht in 2.35 gibt (den Racing Ralph mit dem neuen Profil möglicherweise auch nicht). Gesichert ist jedenfalls, dass niemand daran denkt, den Rocket Ron am Scalpel serienmäßig zu verbauen. Ich ersuche nur um Aufklärung, wie es wirklich mit den Reifen und deren Breiten gemeint ist.

LG Hans B., Alkoven

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Bei den Reifen ist, glaube ich, ein Fehler eingebaut. Es ist die Rede davon, dass die serienmäßigen Rocket Ron/Racing Ralph mit 2.25 zu schmal sind und gleich mit jeweils 2.35 ausgeliefert werden sollten. Beim Vorderreifen handelt es sich aber um einen RACING RAY, den es meines Wissens nicht in 2.35 gibt (den Racing Ralph mit dem neuen Profil möglicherweise auch nicht). Gesichert ist jedenfalls, dass niemand daran denkt, den Rocket Ron am Scalpel serienmäßig zu verbauen. Ich ersuche nur um Aufklärung, wie es wirklich mit den Reifen und deren Breiten gemeint ist.

LG Hans B., Alkoven

 

https://r2-bike.com/SCHWALBE-Reifen-Racing-Ray-29-x-235-Super-Race-ADDIX-Speed-EVO-TLE-Transparent-Skin-2021

 

https://r2-bike.com/SCHWALBE-Reifen-Racing-Ray-29-x-235-ADDIX-SpeedGrip-EVO-SnakeSkin-TLE-2020

 

https://r2-bike.com/SCHWALBE-Reifen-Racing-Ray-29-x-235-Super-Ground-ADDIX-SpeedGrip-EVO-SnakeSkin-TLE-2021

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LG Hans B., Alkoven

 

Danke fürs aufmerksame Lesen, da hat sich in besagtem Absatz doch tatsächlich der Rocket Ron eingeschlichen. Korrekt ist natürlich - wie in den Specs und auch weiter oben im Text angeführt, der Racing Ray am Vorderrad. Racing Ray/Racing Ralph in 2.35" wären entsprechend mein Wunsch. In dieser Hinsicht ist die Hersteller-Homepage oft hilfreicher als persönliches "Wissen". Denn sowohl Racing Ray (https://schwalbe.com/de/mtb-reader/racing-ray) als auch Racing Ralph (https://schwalbe.com/de/mtb-reader/racing-ralph) sind in 2.35" erhältlich und rollen in dieser Form auch schon durch die Redaktion.

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